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Ernste Miene beim Vorsitzenden des Landesfischereiverbandes Lorenz Marckwardt (Foto: Isa-Maria Kuhn)

Schleswig-Holsteinischer Fischereitag in Rendsburg
Ostseefischer haben Existenzangst

Das beherrschende Thema der diesjährigen Mitgliederversammlung des Landesfischereiverbandes Schleswig-Holsteins am 10. März war die akute Existenzgefährdung der traditionellen handwerklichen Fischerei in Schleswig-Holstein angesichts der massiven Quotenkürzung beim Brotfisch der Ostseefischerei, dem Dorsch, um 56 %.

Ein Wegbrechen der Fischereibetriebe bliebe auch für den nachgelagerten Bereich nicht ohne Folgen. Die Existenz der Erzeugergenossenschaften steht ebenso auf dem Spiel. Aber einmal verschwundene Strukturen lassen sich nicht so einfach wieder aufbauen.

Neben der schon bestehenden Schonzeit für den laichenden Dorsch im Februar und März sind 2017 30 zusätzliche Schontage von den Fischereibetrieben betriebsindividuell festzulegen und der Überwachungsbehörde zu melden.

Durch intensive Gespräche und viel Engagement aller Beteiligter ist es gelungen, eine finanzielle Unterstützung für Ostseefischereibetriebe zu erreichen, um diese Schonzeiten zu überbrücken. Für kleine Fahrzeuge unter 15 m Fahrzeuglänge ist es darüber hinaus möglich, weiterhin Dorsch in Wassertiefen bis maximal 20 m zu fangen. Der laichende Dorsch versammelt sich zur Reproduktion in Tiefen über 20 m Wassertiefe.

Auch die Abwrackung von Fischereifahrzeugen wird in 2017 mit finanziellen Hilfen möglich sein.

Die anderen kommerziellen Fischbestände in Nord- und Ostsee haben sich dagegen mehrheitlich positiv entwickelt. Die Anstrengungen der vergangenen Jahre, die für die schleswig-holsteinischen Fischer mit  zum Teil massiven Kürzungen ihrer Fangquoten verbunden waren, tragen Früchte und die Quoten für diese Fischarten konnten angehoben werden. Die Ausfälle durch Kürzungen bei der Dorschquote können damit aber nur ansatzweise ersetzt werden.

Zur gemeinsamen Diskussion um die Situation der Ostseefischerei konnte Lorenz Marckwardt, Vorsitzender des Landesfischereiverbandes Schleswig-Holstein neben zahlreichen aktiven Fischern die Europaabgeordnete Ulrike Rodust, die Staatssekretärin im Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Schleswig-Holstein, Dr. Silke Schneider, sowie zahlreiche Gäste aus Politik, Verwaltung, Verbänden, Wissenschaft in Rendsburg zum diesjährigen schleswig-holsteinischen Fischereitag begrüßen. Angesichts der anstehenden Landtagswahl in Schleswig-Holstein war das Interesse der Presse groß, zumal die fischereipolitischen Sprecher sowohl der Regierungsparteien als auch  der Opposition um ein Statement ihrer Parteien zur Fischerei gebeten worden waren.

In seinem Vortrag erläuterte Dr. Christopher Zimmermann vom Thünen-Institut Rostock die neuesten Ergebnisse zur Situation des Ostsee-Dorsches.

Der Nachwuchsjahrgang 2015 beim westlichen Ostseedorsch ist nach Aussagen der Wissenschaft extrem schwach. Zur Situation des Nachwuchsjahrgangs 2016 können frühestens im April Aussagen getroffen werden. Die derzeit legal mögliche Entnahme von Fischen ist für die Bestandssituation unerheblich, zumal diese Mengen auf die zugeteilten stehenden Quoten angerechnet werden. Während der Laichzeit sollten die Dorsche aber möglichst wenigen Störungen ausgesetzt werden.

 "Ja“ zum Erhalt der handwerklichen Fischerei“

Sowohl die Europaparlamentarierin Ulrike Rodust als die Staatssekretärin Dr. Silke Schneider bekräftigten den Willen zum Erhalt der traditionellen handwerklichen Fischerei.

Die Landesregierung setzt sich für Quotenfestlegungen auf Basis der wissenschaftlichen Empfehlungen ein sowie eine Beteiligung der Angelfischerei. Durch die Schaffung von Abwrackmöglichkeiten soll ein sozial verträglicher Ausstieg aus der Fischerei ermöglicht werden. Durch Ausgleichszahlungen für die Quotenkürzungen und die in diesem Jahr zusätzlichen 30 Tage Dorschschonzeit zu den ohnehin schon bestehenden 2 Monaten im Februar und März, soll den Betrieben eine finanzielle Entlastung verschaffen.

Sämtliche fischereipolitischen Sprecher unterstreichen die Bedeutung der regionalen, handwerklichen Fischerei als Lieferant für ein hochwertiges Nahrungsmittel, das Interesse des Tourismus an einer lebendigen Fischerei sowie die identitätsstiftende Bedeutung.

Die Vertreter der Opposition sprachen sich darüber hinaus gegen eine weitere Einschränkung der Fischerei aus und fordern einen fairen Ausgleich zwischen den Interessen der Fischerei und denen der Naturschutzverbände.

Fazit:
Der Verband wird sich auch in Zukunft konstruktiv in den Dialog mit allen Beteiligten einbringen, um die Interessen seiner Mitglieder angemessen zu vertreten und bei der Erarbeitung von Lösungsansätzen konstruktiv mitwirken.
Im Land zwischen den Meeren gilt es eine lebendige Fischerei in den Häfen zu erhalten und auch für die Zukunft ein hochwertiges und regionales Lebensmittel mit einem hohen Identitätsfaktor für Schleswig-Holstein zu vermarkten.

Dr. Elke Horndasch-Petersen
Geschäftsführerin des Landesfischereiverbandes

Dr. Elke Horndasch-Petersen (Geschäftsführerin Landesfischereiverband), Benjamin Schmöde (Vorstand Landesfischereiverband), Dr. Christopher Zimmermann (Thünen-Institut), Ulrike Rodust (Europaabgeordnete der SPD) und Dr. Silke Schneider (Staatsekretärin im melur), v.li.n.r. Foto: Isa-Maria Kuhn